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Angekündigte oder überraschende Zinserhöhungen: Wie Sie Ihr Depot rechtzeitig auf die Zinswende vorbereiten können

Fast schien es, dass die von Japan ausgehende Niedrigzins- oder “beinahe Nullzins”-Phase unbegrenzt weitergehen würde. Wenn Sie sich daran erinnern, wann die Niedrigzinsphase so begann, dann werden Sie staunen: Anfang der 2010er-Jahre wurden die Zinsen schrittweise gesenkt. Kaum merklich verwandelte die jahrhunderte lang bewährte Geldanlage-Möglichkeit der Festverzinslichen in etwas was Werte vernichtet – anstatt neue Kaufkraft schafft.

Erschreckenderweise passten nur wenige Anlegerinnen und Anleger ihre Depots an. Immer noch werden sehr viele “Rentenfonds” angeboten und als Wertaufbewahrungsmittel angepriesen. Vielleicht auch deshalb, weil immer wieder das Licht am Ende des (Zins-) Tunnels propagiert wird.

Das Handelsblatt und weitere Qualitätsmedien berichteten übereinstimmen, dass Bundesbank Präsident Weidmann erste Zinsschritte erst für das Jahr 2019 erwarten würde. Bis zur ersten, leichten Zinsanhebung würden Sie als Anleger wieder viele Monate Rendite verlieren.

Deshalb bietet sich gerade jetzt eine Bestandsaufnahme an: Was tut die aktuelle Zinswelt mit ihren Anlagen und wie würde Ihr Festzins-Portfolio reagieren, wenn Sie die Zinserhöhungen einfach abwarten würden. Dazu lohnt ein exemplarischer Blick auf die einzelnen Anlagearten und die Gegenmaßnahmen, die Sie ergreifen könnten.

Rentenfonds auf deutsche Staatsanleihen: Nicht handeln kostet fast garantiert Rendite

Geldanlageerfahrene Leserinnen und Leser werden wahrscheinlich etwas wehmütig an die bis zum Jahr 2011 ausgegebenen Bundesschatzbriefe zurückdenken. Diese waren mit einer attraktiven Zinstreppe ausgestattet. Die Zinsen stiegen jedes Jahr.

Gleichzeitig war aber nur der Emittent (die Bundesrepublik) verpflichtet die gesamte Laufzeit (6 bzw. 7 Jahre lang) Zinsen zu bezahlen. (Nähere Infos gibt es hier)

Sie als Anleger konnten die Bundesschatzbriefe bis zu einem sehr großzügigen Monatsbetrag dagegen beinahe jederzeit zurückgeben: Nach der Wartezeit von einem Jahr konnten Anleger die Schatzbriefe täglich zum vollen Wert plus Zinsen zurückgeben. Stieg das Zinsnivau an, so war das Zinsänderungsrisiko für den Anleger gleich Null: Er gab zum Nennwert zurück und sicherte sich dann – wenn er wollte – das Zinsniveau der neuen Ausgabe.

Mit diesem Szenario eines Zinsänderungsrisikos könnten Sie einmal Ihr Depot durchforsten, bevor Sie noch weitere Wertverluste realisieren werden. Bei der für 2019 erwarteten Zinserhöhung verlieren nämlich alle Festverzinslichen mit “bisherigem” Zinsniveau an Wert, weil die “neuen” Anleihen gleicher Laufzeit (bei gleicher Bonität des Emittenten) einen höheren Zins zahlen würden.

Damit kann die ohnehin schon schlechte *Brutto*-Performance noch verschlechtert werden. Anhand eines der gängigen Rentenfonds, die in der Werbung einer großen Bankengruppe präsent sind, kann dies näher substantiiert werden:

1.) Staatsanleihen Europäischer Staaten (LU0133666247, Vergleichswerte abgerufen am 28.03.2018)
Die Fondsgesellschaft der Bank, bei der alles “einfach” ist, vertreibt immer noch einen Fonds, der aus Sicht unserer Redaktion in der Niedrigzinsphase nicht unbedingt angeboten werden sollte. Noch vor den Depotgebühren – die die meisten Direktbroker unseres Vergleiches nicht berechnen würden – ist das 1- bis 3-jährige Bild durchaus negativ: 1 Jahr minus 1,49 %; 3 Jahre minus 5,64 %!

Das Problem ist im Wesentlichen auch in der Beratung zu suchen. Bei dem aktuell vorherrschenden Zinsniveau in Europa müsste eine sich zu 100 % an den Anlegern orientierende Fondsgesellschaft den Vertrieb eines solchen Produktes vielleicht zurückfahren bzw. bereits in der Fondsübersicht einen deutlichen Warnhinweis unterbringen.

Bei einer Zinserhöhung auf breiter Basis ist allerdings mit einem Kursminus zu rechnen.

2.) Eine Anlage in deutschen Staatsanleihen scheint aktuell ebenso nicht sinnvoll zu sein, wie die offizielle Renditetabelle der Bundesfinanzagentur zeigt. Anleihen bis 5 Jahre und 10 Monate Laufzeit (dieser Wert schwankt wahrscheinlich bis zur Zinserhöhung) bringen gar keine Rendite mehr. Die Aufnahme in das Sondervermögen eines Fonds macht aus diesem Blickwinkel heraus nicht unbedingt viel Sinn. Selbst wenn die Fondsgebühren außerordentlich günstig kalkuliert wären.

In der Vorbereitung auf die drohende Zinserhöhung könnten Sie schon jetzt mit dem Umstrukturieren des Depots beginnen. Den Anteil festverzinslicher Wertpapiere und insbesondere Rentenfonds rechtzeitig herunterfahren, damit die Zinserhöhung nicht auch noch Kurswerte “auffrisst”.

Wenn Geld wirklich aus Liquiditätsgründen zwischen geparkt werden sollte, dann eher auf einem Tagesgeld mit einer möglichst hohen Verzinsung. Wenn Sie jetzt beispielsweise eine Festgeld mit 3 Jahren Laufzeit abschließen und die Zinserhöhung beispielsweise in 12 bis 15 Monaten kommen würde, dann würden Sie die “hinteren” 24-21 Monate zu den alten, niedrigen Konditionen abgeschlossen haben. Denn das Festgeld kann während der Laufzeit nicht

Tagesgeld, SparCards und Festgeld: Inflationsausgleich unwahrscheinlich

Die Marktbeobachter rechnen nicht mit einer baldigen Zinsanhebung. Abgesehen von dem von Herrn Weidmann beschriebenen Zinsszenario gibt es noch weitere Hemmschwellen für eine baldige und wirklich große Zinserhöhung: Die Gesamtverschuldung Deutschlands ist immer noch so hoch, dass die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse indirekt eine Zinserhöhung verhindert. Die Schuldenuhr des Bundes der Steuerzahler lief zwar im Dezember 2017 kurz rückwärts. Dies kann sich aber bei einem Abkühlen der Konjunktur schnell ändern.

Wir sind deshalb davon überzeugt, dass es frühestens im zweiten Quartal 2019 zu einem Zinsanstieg kommen könnte. Aber auch danach realisieren Sie keinen echten Wertzuwachs, da die Zinserträge immer noch unterhalb der Inflation + Abgeltungsteuer liegen.

Da die Aktienrendite in der langfristigen Betrachtung praktisch immer über den Festverzinslichen liegt, könnten Sie mit einer Umschichtung auf die Aktien beginnen, die durch Substanz und Dividende überzeugen. Das Grundprinzip konnten wir Ihnen schon im Jahr 2015 erläutern.

Mehr über Dividenden einiger bedeutender Aktiengesellschaften und die interessanten Details wie Zahlungstermin und Dividendenhöhe hat der comdirect Partner Comstage in seinem aktuellen Magazin beschrieben (https://www.onstage-magazin.de/2018/onstage-etf-q2/maerkte/dax-dividendensaison-schlaegt-alle-erwartungen/, Tabelle 2).

Für Immobilienkäufer und Häuslebauer: Erst tilgen, dann ansparen

Da der Zinsanstieg noch auf sich warten lässt, könnten Sie auch – so ungewöhnlich es klingt – die Tilgung Ihrer Immobilie zur Erhöhung der Rendite beschleunigen.

Unter folgenden Voraussetzungen ist diese vorzeitige Tilgung sinnvoll:

  • Die Kreditzinsen sind meist höher als die Geldanlagezinsen bzw. die Wertpapier-Rendite. Wenn Sie also keinen ganz aktuellen Immobilienkredit so um die zwei bis drei Prozent haben, dann sollten Sie einmal nachrechnen.
  • Dies gilt insbesondere dann, wenn Ihre Kapitalerträge oberhalb des Steuerfreibetrages liegen. Denn die “Haben-Rendite” müssten sie mit 25 % Quellensteuer plus Solidaritätszuschlag plus ggf. Kirchensteuer versteuern, die Immobilienkreditzinsen vollständig steuerlich abzuziehen wird wohl schwieriger werden.
  • Komplizierter wird die Rechnung allerdings, wenn Sie einen Riester-Sparvertrag abgeschlossen hätten und viele Kinder zur Familie gehören würden. Dann beträgt die Riester-Zulage nämlich nicht nur die monatlichen 13 Euro pro Erwachsenen, sondern es gibt durch die Kinder einen erheblichen Riester-Turbo.

Die Rendite der vorzeitigen Tilgung besteht dann aus den nicht mehr zu bezahlenden Kreditzinsen bzw. dem nicht mehr vorhandenen Kapitalabfluss.

Wenn Sie sich Sorgen über die fehlende Liquiditätsbasis machen würden, dann könnten Sie sich für Ihr Wertpapierdepot rechtzeitig einen Rahmenkredit einräumen lassen. Seit 2017 sind diese Kredite beinahe für alle Zwecke frei verwendbar (z. B. zur freien Verfügung, für einen Autokauf, für Umschuldung), lediglich nicht für Immobilien.

Vorausschauendes Handeln sichert Depotwert und -performance

In der Zusammenfassung kann gesagt werden, dass das Betrachten der Zinsentwicklung zu einer guten Vermögensanlage oder Depotstrategie einfach dazu gehört. Die Zinssteigerung kann im wahrsten Sinne des Wortes die bisherigen Festzins-Papiere “schlechter” aussehen lassen – einzige Gegenstrategie wären Anlagen mit einem variablen Zinssatz.

Unabhängig von der Zinsentwicklung lohnt sich beim Depot – wie auch beim Autofahren – immer das vorausschauende Fahren bzw. die vorausschauende Geldanlage.

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