Nachhaltiges und ethisches Investment Teil 4.1: Nachhaltige Investmentfonds

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Nachhaltiges und ethisches Investment Teil 4.1: Nachhaltige Investmentfonds

In den vorangegangenen drei Teilen unserer Serie haben wir nicht nur festgestellt, dass allein durch eine Verschiebung von Kapital ein wirklich wirksamer Effekt für eine ökologischere und nachhaltigere Welt erzielt werden kann.Wir haben auch gesehen, welchen Einfluss Klein- und Privatanleger durch ihre Finanz- und vor allem Anlageentscheidungen ausüben können. Welche grundlegenden Strategien man auch als Kleinanleger anwenden kann. Und auf welchen Grundlagen man zu einer individuellen und für sich persönlich besseren Bewertung von Anlagemöglichkeiten kommen kann. In diesem Teil wollen wir uns nun einmal damit beschäftigen, in welchen Bereichen es bereits Anlagemöglichkeiten für nachhaltiges und ethisch vertretbares Investieren gibt und uns dabei zunächst einmal nachhaltige Investmentfonds ansehen.

Ethische und nachhaltige Investmentfonds (sogenannte Ethikfonds)

Praktisch das Pendant zum klassischen Bankfonds – aber mit einer auf Basis von Nachhaltigkeits- und Ethikkriterien getroffenen Auswahl. Ganz allgemein kann man in Bezug auf die Fonds sagen: Je strenger die Kriterien, desto nachhaltiger der Gesamtfonds. Leider ist das nicht bei jedem Fonds gleich.

Bei Ethik-Fonds und Nachhaltigkeitsfonds, die als solche ausgewiesen sind, muss man daneben immer erst darauf achten, nach welchem Ansatz die für das Portfolio zugelassenen Unternehmen ausgewählt werden. Es geht dabei nicht immer nur um einen Ausschluss von nicht-nachhaltigen oder unethisch arbeitenden Unternehmen. Diesen Ansatz des Ausschlusses bestimmter Unternehmen (gezieltes Deinvestment) verfolgen nur rund 40 % der Fonds in Deutschland, im internationalen Bereich sogar noch weniger.

Gut ein Drittel aller deutschen Fonds wählen nach dem sogenannten Best-in-Class Ansatz aus. Das bedeutet nichts anderes, als dass man innerhalb einer bestimmten Branche oder eines bestimmten Themengebiets nur diejenigen Unternehmen auswählt, die im Vergleich noch am nachhaltigsten wirtschaften – selbst wenn sie das nur in geringem Umfang tun. Das würde etwa auch bedeuten, dass man aus einer Reihe von Kohlekraftwerken die fünf auswählt, die im Vergleich zu allen anderen noch die geringste Verschmutzung erzeugen. Für viele mag eine solche Auswahl nicht befriedigend sein. Um einen echten “Impact” mit seinem Investment zu setzen, eignen sich solche Fonds nur wenig. Sie wählen einfach immer nur das im Vergleich geringste Übel aus, selbst wenn es kaum besser ist als der Rest.

Eng verbunden mit dem Best-in-Class-Ansatz ist der Ansatz der positiven Auswahl. Anders als beim Ausschluss-Ansatz kommen hier nur Unternehmen ins Portfolio, die bestimmte Positiv-Kriterien erfüllen – etwa eine bestimmte freiwillige Selbstverpflichtung eingegangen sind oder in bestimmten Bereichen zertifiziert sind.

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Auch das muss, genau betrachtet, nicht viel heißen. Man kann zwar als Unternehmen mit FSC-zertifiziertem Tropenholz arbeiten – dieses Holz muss trotzdem um den halben Erdball verschifft werden und kann am Ende auch mit wenig ökologisch hergestellten Lacken und Farben überzogen werden – das FSC-Siegel wird davon nicht berührt, das Unternehmen ist damit im Portfolio.

Am Rande sei noch angemerkt, dass es auch einen Best-in-Progress-Ansatz gibt, der diejenigen Unternehmen ins Portfolio aufnimmt, die in einem individuell definierten Zeitraum in der jüngeren Vergangenheit die größten Fortschritte hin in Richtung Nachhaltigkeit gemacht haben. Im Grunde spielt dieser Ansatz allerdings kaum eine Rolle, er wird nur äußerst selten angewandt.

Prüfe in der Reihenfolge: Thema – Ansatz – Kriterien – Strenge der Kriterien

Schon die (vorerst notwendige) Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Ansätzen bei Ethikfonds zeigt, dass man, wenn man nachhaltige Investmentfonds als Anlageobjekt auswählt, zunächst einmal eine klare, eigene Prüfhierarchie benötigt, um herauszufinden, was für die eigene Wertehaltung noch als vertretbar anzusehen ist.

Der erste Schritt ist, sich zunächst einmal mit dem Thema des Fonds auseinanderzusetzen. In welchem Themenbereich bewegt sich der Fonds überhaupt, welche Themen werden eingeschlossen, welche ausgeklammert?

Es liegt wohl nahe, dass man beim Thema große Energieversorger, beim Thema Zementhersteller oder beim Thema Automobilindustrie immer nur die geringeren Übel auswählen kann – ein Investment in den Bereich der Zementherstellung, der als einer der am meisten CO2-verursachenden Industriebereiche weltweit gilt, kann per se schon nicht besonders ökologisch sein.

Das zweite, nachfolgende Kriterium ist dabei der verfolgte Ansatz. Ideal wären natürlich Ausschluss-Ansätze, wie man sie bei etwas weniger als der Hälfte der deutschen Fonds findet. Diese sind grundsätzlich am klarsten und am transparentesten. Ein Best-in-Progress-Ansatz vermittelt dagegen die geringste Transparenz, vor allem wenn man bedenkt, dass auch ein Umstieg von “sehr, sehr schmutzig” auf “immer noch sehr schmutzig” bereits klar als “Progress” zu werten wäre. Wie groß dieser Fortschritt ist, kann man allein durch die Fondsauswahl insgesamt nicht beurteilen, dazu muss man sich die jeweils im Fond enthaltenen Titel einzeln ansehen.

Auch bei Positiv-Kriterien muss man immer ein wenig vorsichtig sein. Ein gutes Beispiel aus dem Alltag sind dafür die Fair-Trade-Schokoladen. Neuerdings schmücken sehr viele Hersteller ihre Produkte mit einem Fair-Trade-Siegel, darunter auch absolute Billiganbieter. Bei Endverkaufspreisen von 1 Euro oder weniger für die Tafel Schokolade fällt es schwer, zu glauben, dass hier irgendein Bauer für seinen Kakao-Ertrag tatsächlich ein “faires” Einkommen erhält (und überhaupt, wer bestimmt denn, was hier überhaupt “fair” und “ausreichend” ist?). Zudem muss man bei einzelnen Positiv-Kriterien immer darauf achten, wie es mit dem Rest aussieht. Fair gehandelter Kakao plus garantiert nicht besonders ökologisches Palmöl – in der Gesamtwirkung hebt sich so etwas dann zumindest wieder auf, wenn es nicht sogar alles noch schlimmer macht. Genauso wie bei der Schokolade verhält es sich dann eben auch bei einzelnen Anlage-Titeln.

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Der nächste Punkt bei der persönlichen Prüf-Strategie bezieht sich also klar auf die Art der Kriterien und ihren Umfang. Schon bei den ESG-Kriterien gibt es beträchtliche Unterschiede. Selbst bei den Ausschluss-Ansätzen muss man als Anleger immer genau hinterfragen, was denn hier alles tatsächlich ausgeschlossen wird: Kinderarbeit, Diskriminierung von Minderheiten, Verschwendung von Ressourcen, Arbeit mit bedenklichen Stoffen oder mit auf unökologischem Weg gewonnenen Ausgangsmaterialien…

Als letztes Prüfkriterium für die persönliche Bewertung sollte dann auch die Strenge der Kriterien zum Tragen kommen. Wenn es bereits reicht, wenn ein Unternehmen behauptet, dass in seiner Produktion keine Kinderarbeit stattfindet und die sozialen Mindeststandards in den Produktionsländern natürlich eingehalten werden, ist das als Kriterium wohl eher fragwürdig. Das setzt schon eine Menge Vertrauen zum Unternehmen voraus, das der Fondsanbieter dann vielleicht hat, man selbst aber möglicherweise nicht.

Eigenes Prüfen ist unerlässlich

Schon ein Test von Stiftung Warentest 2013 ergab, dass die tatsächliche Erfüllung sinnvoller Kriterien in Bezug auf Ethik und Nachhaltigkeit bei den meisten untersuchten Ökofonds als mangelhaft bezeichnet werden musste. Kaum einer der untersuchten Fonds wurde nach dem Test überhaupt in irgendeiner Form als empfehlenswert gesehen.

In den letzten Jahren hat sich die Situation geringfügig verbessert, nicht zuletzt wohl auch durch das allgemein gestiegene Bewusstsein für die Nachhaltigkeit – insgesamt lassen aber immer noch viele geschlossene Fonds sehr deutlich zu wünschen übrig.

Wer seine nachhaltige Investitionsstrategie auf ein einfaches und praktisches Fonds-Investment stützen will, muss also sehr genau hinsehen, wohin er da investiert – und einige möglicherweise recht unbequeme Fragen stellen.

Rating-Agenturen als (kleine) Hilfe

Es gibt spezielle Rating-Agenturen, die häufig etwas genauer hinsehen, als man das als Anleger selbst könnte. Bekannte Namen unter diesen Agenturen sind  ISS oekom (früher oekom reseach AG), https://www.sustainalytics.com/]Sustainalytics oder auch das Südwind-Institut, das eher ein wenig kirchennahe steht. Die Ratings und Bewertungen solcher Institute können gegebenenfalls eine kleine Hilfe sein, den eigenen Bewertungshorizont etwas zu erweitern, wenn man sich mit den von den Instituten durchgeführten Ratings und Bewertungen ein wenig auseinandersetzt.

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Ertragssituation bei nachhaltigen Investmentfonds

Ob Ökofonds und Nachhaltigkeitsfonds eine generell bessere oder schlechtere Performance aufweisen als andere Investmentfonds, wird unter Experten kontrovers diskutiert. Vermutlich kann man das auch nicht generalisieren, da sich die einzelnen Fonds zum Teil sehr stark untereinander und auch von klassischen Investmentfonds unterscheiden.

Klar ist natürlich, dass ein Nachhaltigkeitsfonds mit erhöhtem Aufwand zu kämpfen hat, wenn es um die Auswahl geeigneter Titel geht. Die Bewertung der einzelnen Titel nach bestimmten Kriterien erfordert höheren Aufwand an Zeit und Geld, was letztendlich die Kosten für das Fondsmanagement erhöhen und damit den Ertrag verringern könnte.

Letztlich besteht auch eine deutliche Einschränkung hinsichtlich der überhaupt zur Auswahl stehenden Titel (abhängig vom verwendeten Ansatz und den angewendeten Kriterien und ihrer Strenge). In der Folge kann gelegentlich die Diversifizierung eingeschränkt sein und damit die Ertrags-/Risiko-Situation nachteilig beeinflusst werden.

Bei sehr strengen Kriterien beschränkt sich die Auswahl dann zudem sehr häufig auf eher klein kapitalisierte Unternehmen, was sich ebenfalls auf Ertrag und Risiko auswirken kann.

Das sind allerdings nur mögliche ertragsmindernde Faktoren, die keinesfalls auf jeden einzelnen Nachhaltigkeitsfonds zutreffen müssen. Sie sollten aus Anlegersicht jedoch immer im Auge behalten und abgewogen werden.

Fazit

Ökofonds und Nachhaltigkeitsfonds scheinen auf den ersten Blick eine sehr einfache Möglichkeit, nachhaltig zu investieren. Auch hier liegt aber der Teufel, wie so oft, im Detail – und es ist bei weitem nicht alles Gold, was glänzt. Man muss, gerade bei Fonds, sehr genau hinsehen und unbedingt genau persönlich nachprüfen, ob die eigenen Werte auch tatsächlich erfüllt werden. Blind davon ausgehen kann man auf keinen Fall.

Die nächste Möglichkeit für nachhaltige Investments, die wir uns ansehen wollen, sind deshalb direkte Investments. Lesen Sie also weiter.

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