Graue Geschäfte: Ein umfassender Blick auf den “grauen Kapitalmarkt”

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Graue Geschäfte: Ein umfassender Blick auf den “grauen Kapitalmarkt”

Vielfach bekommt man den Eindruck, dass es bei der Bezeichnung eigentlich nicht um die Farbe Grau, sondern um das schlichte Grauen geht, wenn vom “grauen Kapitalmarkt” die Rede ist. Der Ort, wo Anleger gnadenlos über den Tisch gezogen werden, schmutzige Geschäfte abgewickelt und unschuldigen Menschen irgendwelche obskure Deals mit noch obskureren Methoden aufgeschwatzt werden.

Dem ist aber natürlich nicht so – das Thema “grauer Kapitalmarkt” muss man schon etwas differenzierter betrachten – dort tummeln sich natürlich nicht nur die schwärzesten der schwarzen Schafe, sondern durchaus auch seriöse Anbieter. Schwierig ist – wie so oft – nur zu unterscheiden, wer nun wer ist. Was der graue Kapitalmarkt tatsächlich ist, und warum er so grau ist, wollen wir deshalb einmal etwas ausführlicher beleuchten – und daneben auch die Risiken für Anleger und den möglichen Schutz bei Anlagen auf den nicht regulierten Märkten.

Alles was grau ist…

Der graue Kapitalmarkt hat seine Bezeichnung allein deshalb, weil er keiner staatlichen Aufsicht unterliegt. Das ist an sich noch kein Kriterium für mangelnde Qualität oder gar Betrügereien, wenn es um Anlagen geht, sondern einmal schlicht eine Tatsache, die noch nichts Besonderes bedeutet.

Die Aufsicht als staatliche Stelle führt in Deutschland die BAFIN (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht), in Österreich die FMA (Finanzmarktaufsichtsbehörde). Ähnliche Institutionen gibt es praktisch in jedem Land, in der Schweiz ist das beispielsweise die FINMA.

Die einzelnen Aufgaben und Vorgaben für Finanzmarktaufsichten sind dabei von Land zu Land im Detail unterschiedlich – in der Regel sind die Kernaufgaben aber überall die gleichen: Risikoanalysen, Analysen des Finanzmarktes und die Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Der Schutz von Anlegern ist dabei nur ein Teilbereich der Aufgaben der Finanzmarktaufsichtsbehörden und noch nicht einmal der größte. Mit den abweichenden Vorgaben für Finanzmarktaufsichten ändern sich dann auch die Regulierungsbedingungen, die von Land zu Land gelten. Als “grauen Kapitalmarkt” bezeichnet man dabei jenen Teil des Marktes, der vergleichsweise schwach oder überhaupt nicht reguliert ist.

Das ist kein Zeichen für die Unseriosität der Unternehmen auf diesem Markt – sondern einfach aufgrund unterschiedlicher gesetzlicher Vorgaben so. Nicht alle Unternehmen, die auf diesen Kapitalmärkten tätig sind, unterliegen einer gesetzlichen Verpflichtung, sich kontrollieren zu lassen. Das hat mit dem Unternehmen an sich nichts zu tun, sondern lediglich mit gesetzlichen Vorgaben.

So wird beispielsweise Crowdfunding ganz eindeutig dem grauen Kapitalmarkt zugerechnet – weil es eben keiner Regulierung unterliegt. Was aber natürlich nicht bedeutet, dass es deshalb eine schlechte Sache ist, oder etwa unseriös. Ganz im Gegenteil.

Unterscheiden muss man vom grauen immer den “schwarzen Kapitalmarkt” – hier laufen tatsächlich “illegale” Geschäfte ab: nämlich solche, die eigentlich genehmigungspflichtig wären, aber keine Genehmigung haben. Der “weiße Kapitalmarkt” ist dagegen der voll regulierte Bereich. Allerdings und das muss man sich als Anleger immer wieder klar machen, tummeln sich auch auf dem “weißen Kapitalmarkt” genügend schwarze Schafe – und längst nicht alle werden rechtzeitig oder überhaupt erwischt und unschädlich gemacht.

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Was wird überhaupt reguliert?

Der Aufsichtspflicht unterliegen immer nur bestimmte Unternehmen und Kapitalanlagegesellschaften im jeweiligen Land. Wer unter die Regulierung fällt und kontrolliert wird beziehungsweise bestimmte Pflichten (auch Informationspflichten) zu erfüllen hat, ist ebenfalls von Land zu Land leicht unterschiedlich.

Im Allgemeinen kann man davon ausgehen, dass Gründung und Betrieb einer Bank sowie fast immer auch das Auflegen eines Investmentfonds einer staatlichen Genehmigung bedürfen und laufender staatlicher Kontrolle unterliegen. Zu den Pflichten regulierter Banken und Versicherungen gehört dabei unter anderem auch die Pflicht, für eine Einlagensicherung der Anleger zu sorgen, meist über bestimmte Einlagensicherungsgesellschaften.

Prüfung bedeutet nicht automatisch Sicherheitsgarantie

Was man auf jeden Fall auch wissen sollte: Die BAFIN überprüft zwar, ob die Informationspflichten bei regulierten Unternehmen eingehalten werden und ob die Prospekte bestimmten Vorgaben entsprechen – aber ob alles, was drin steht, auch tatsächlich hundertprozentig stimmt (insbesondere Prognosen!) kann Ihnen auch die BAFIN nicht garantieren. Schließlich kann niemand von Amts wegen in die Zukunft sehen. Und darum versucht das auch niemand. Auch auf den regulierten Märkten haben Sie also ein klar definiertes Risiko – und auch mit gebilligten Prospekten werden oft eher nachteilige Produkte für den Anleger verkauft. Das ist einfach nicht vermeidbar.

Überdies sollten Sie vor allem daran denken, dass auch von der BAFIN gebilligte Prospekte – darauf weist die BAFIN auch selbst deutlich hin – nicht zwingend inhaltlich richtig sind. Geprüft wird lediglich die Einhaltung der gesetzlich geforderten Mindestinformationspflicht für Anleger, wenn der Prospekt gebilligt ist. Ob die Anlage tatsächlich werthaltig ist, ob der Anbieter und/oder sein Geschäftsmodell seriös sind und ob der Anbieter finanziell solide ist, prüft die BAFIN nicht. Das sollten Sie sich immer vor Augen halten, wenn man Ihnen einen BAFIN gebilligten Prospekt “als Sicherheitsgarantie” vor die Augen hält. Welcher Anbieter auch immer.

Wichtig ist auch zu wissen, dass nicht alle Anlageunternehmen, die ihre Produkte in Deutschland anbieten, auch der deutschen Finanzmarktaufsicht unterliegen. Sofern das Unternehmen keine “echte” Niederlassung in Deutschland hat, unterliegt es in der Regel der Finanzmarktaufsicht des Landes, in dem es seinen Sitz hat. Gerade bei Brokern im Online-Bereich wird häufig damit geworben, dass sie über ihre Filiale auch der Aufsicht der BAFIN unterliegen. Das kann ein überzeugender Vorteil sein, in manchen Fällen – in anderen Fällen wiederum sind die Regulierungsbestimmungen im jeweiligen Ursprungsland, in dem das Unternehmen seinen Sitz hat, mindestens vergleichbar gut oder oft sogar noch strenger. Die BAFIN-Regulierung ist dann häufig nur einfach ein zusätzlicher Punkt ohne wirklich wesentliche Bedeutung.

Einige britische Online-Broker bieten beispielsweise noch eine zusätzliche Einlagensicherung an, die über die gesetzlich geforderte (und in Europa einheitliche) Einlagensicherung hinausgeht. Als Anleger ist man also auch in vielen Fällen bei nicht-BAFIN-regulierten Unternehmen oft sehr gut oder sogar noch besser geschützt.

Warum warnen immer alle vor dem “grauen Kapitalmarkt”?

Natürlich gibt es in unregulierten oder wenig regulierten Bereichen mehr Möglichkeiten, unsaubere Geschäfte zu machen oder Anlegern etwas vorzugaukeln. Das funktioniert auf dem weißen Kapitalmarkt aber durchaus auch, wie viele teils katastrophale Produkte von regulierten Banken, Versicherungen und Anlageunternehmen zeigen, bei denen Kunden am Ende satt Geld verlieren – insbesondere dann, wenn die verkaufte Anlage überhaupt nicht zu den Wünschen des Kunden passt – aber zu den Provisionsvorstellungen des Vermittlers.

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Wer allerdings im regulierten Bereich unsaubere Geschäfte machen möchte, muss als Anbieter schon deutlich mehr Aufwand betreiben und hat insgesamt weniger Möglichkeiten. Auch die Dokumentationspflichten beim Vertrieb von Anlagen und die Informationspflichten der Vermittler sind schon ein durchaus wirksames Hindernis für die ganz plumpen Betrügereien – allerdings nur für diese.

Das wesentliche Kriterium, dass den Unterschied für Anleger ausmacht, ist tatsächlich Information. Auf dem weißen Kapitalmarkt kann man sich recht leicht nachprüfbare und höchstwahrscheinlich seriöse Informationen über eine Anlage einholen – man bekommt sie praktisch automatisch serviert. Bei Angeboten vom grauen Kapitalmarkt muss man sich als Anbieter in den meisten Fällen auf die Suche machen und selbst Informationen auftreiben – deren Richtigkeit man nicht immer vollständig nachprüfen kann, schon gar nicht als Kleinanleger und Laie. Das Risiko ist hier einfach die bestehende “Informationslücke” für den Anleger, und häufig auch die nicht kontrollierte und dokumentierte Beratung beim Vertrieb vieler solcher Kapitalanlagen.

Wenn Informationen aber ausführlich und freiwillig gegeben werden, stichhaltig sind und nachprüfbar gemacht werden (etwa durch Offenlegung von Bilanzen oder ähnlichem) ist das Risiko nicht höher als auf dem regulierten Bereich des Marktes auch. Viele nicht regulierte Anbieter erfüllen sogar freiwillig die Pflichten, die sie als regulierte Unternehmen hätten oder übererfüllen sie sogar. Vorsichtig sollte man immer dann sein, wenn Informationen spärlich fließen oder mehr auf Versprechungen gesetzt wird, als auf harte, nachprüfbare Fakten.

Leider klingen viele Warnungen wie auch die von der BAFIN eher so, als wären Angebote vom grauen Kapitalmarkt samt und sonders völlig unseriös. Es entsteht der Eindruck, dass alles, was nicht kontrolliert ist, schon von vornherein unseriös sein muss – was natürlich nicht stimmt, da viele Anbieter und Angebote einfach aus gesetzlichen Gründen keiner Aufsicht unterliegen und sich ihr nicht entziehen. Daneben muss man auch noch bemerken: auch was kontrolliert wird, ist nicht immer automatisch gut. Die Polizei kontrolliert regelmäßig und umfassend die Geschwindigkeit von Autofahrern – dennoch gibt es immer wieder Raser und viele davon wickeln sich am Ende um den Baum. Kontrolle ist ein Instrument, aber keine automatische Garantie.

Stiftung Warentest und die unseriösen Anbieter

Eine gute Quelle für Warnungen, die man beherzigen sollte, sind die Listen von Stiftung Warentest und anderen Test-Institutionen. Auch die Verbraucherschutz-Zentralen sind eine gute Adresse. Hier werden Listen von erkannt unseriösen Anbietern aufgelegt, die eigentlich recht umfassend sind und viele der weniger seriösen Anlagen auf dem Markt umfassen. Solche Listen sind natürlich niemals ausschließend – das heißt, man kann nicht davon ausgehen, dass jemand seriös ist, wenn er sich auf keiner Liste der schwarzen Schafe findet. Einen Blick wert sind diese Listen aber allemal.

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Wie kann man sich schützen?

Das Wort Anlegerschutz ist – nicht zuletzt in der Politik – in den letzten Jahren praktisch in aller Munde. Wovon aber kaum jemand spricht, ist der Anleger-Selbstschutz. Den halten wir allerdings für noch viel wichtiger. Selber denken und davon ausreichend, ist immer noch das beste Mittel, um nicht auf die Nase zu fallen, finden wir.

Nachfolgend haben wir deshalb einmal einige Punkte zusammengestellt, die wir für wichtig halten.

  1. Information, Information, Information
    Versuchen Sie alles, was möglich ist, über den Anbieter herauszufinden und auch über das Produkt. Vorzugsweise harte Fakten, Zahlen und umfassende Berichte. Wenn es Ihnen schwerfällt, so etwas zu finden und vieles eher oberflächlich wirkt, sollten Sie schon einmal vorsichtig werden.
  2. Gegenprüfen
    Werfen Sie einen Blick in die “schwarzen Listen” von Stiftung Warentest und der Verbraucherschutzzentrale. Wenn dort das Produkt, der Anbieter oder auch nur einer der angegebenen Namen auftaucht, lassen Sie besser die Finger von der Anlage.
  3. Wertentwicklung nachprüfen
    Überprüfen Sie, soweit Sie können und entsprechende Daten haben, die angegebene Wertentwicklung immer kritisch. Angaben, wie “tragfähig” und “erfolgversprechend” ein bestimmtes Geschäftsmodell eines Unternehmens ist, müssen sich belegen lassen – von Schätzungen an einem guten Tag hat niemand etwas. Ansonsten ignorieren Sie diese Versprechungen einfach bei Ihrer Analyse.
  4. Lassen Sie sich nicht für dumm verkaufen
    Hohe Rendite und hohe Sicherheit zusammen gehen nicht. Wer versucht, Ihnen beides in einem Produkt zu verkaufen, ist höchstwahrscheinlich unseriös. Wir alle haben Träume von der ultimativen Anlage – aber es gibt einfach Träume, die sich nie erfüllen werden.
  5. Investieren Sie in das, was Sie auch verstehen
    Dieser einfache und fast ein wenig altbacken klingende Grundsatz stammt immerhin vom Star-Investor Warren Buffett – und er hat sich zeitlebens auch immer selbst daran gehalten. Gute Investments sind einfach, klar verständlich und einleuchtend. Komplizierte Konstruktionen sind dagegen häufig ein Mittel, um Dinge zu verschleiern.

Es gibt viele profitable Anlagebereiche, bei denen sofort klar ist, warum sie profitabel sind. Halten Sie sich im Zweifelsfall lieber an solche Investments, anstatt an komplizierte Konstruktionen, die niemand mehr wirklich durchschaut.

Bewegen Sie sich einfach in Bereichen, die Ihnen zumindest ein wenig vertraut sind. Sie müssen kein Holzfachmann sein, um in Holz zu investieren – aber es hilft. Vor allem dabei, kein Geld zu verlieren. Wissen kann man zudem auch immer erwerben, auch nachträglich.

Wenn Sie diese Ratschläge zum Anleger-Selbstschutz ausführlich beherzigen, braucht Sie auch der “graue Kapitalmarkt” nicht zu schrecken. So böse wie sein Ruf ist er nämlich längst nicht.

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