Sinn und Unsinn der technischen Analyse

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Sinn und Unsinn der technischen Analyse

Seit Jahrzehnten bestimmt sie das Handeln vieler Börsenakteure weltweit – die technische oder chartbasierte Analyse. Dabei ist die Methodik keineswegs unumstritten, nicht wenige Experten sprechen ihr sogar jeden Wert ab. Doch die Zahl der Anhänger ist deutlich größer. Nicht zuletzt ihr Glaube an die Aussagekraft historischer Kursverläufe verleiht der technischen Analyse einen gewissen Sinn.

Kursmuster identifizieren und nutzen

Als Begründer gilt der US-Amerikaner Charles Henry Dow, Erfinder des berühmten Dow Jones Index und Herausgeber des bis heute anerkannten Wall Street Journals. In eine Reihe von Artikeln in seiner Zeitung legte er ab 1884 die Grundlagen der technischen Analyse. Dabei ging es ihm vor allem darum, Analysten ein einfach handhabbares Handwerkszeug zum besseren Verständnis von Kursentwicklungen an die Hand zu geben. Erst in der weiteren Ausformung wurde die Chartanalyse auch für Kursprognosen verwandt. Spätere Protagonisten unterfütterten sie mit zahlreichen mathematisch-statistischen Berechnungen, die moderne Computertechnik erweiterte das Anwendungsspektrum dafür nochmals deutlich.

Die technische Analyse geht davon aus, dass in Kursverläufen alle relevanten vergangenheits- und zukunftsbezogenen Informationen eines gehandelten Wertes abgebildet werden. Dies geschieht allerdings immer mit einer gewissen Zeitverzögerung, bis sich Kurse auf ein aktualisiertes Niveau einpendeln. Da an den Märkten nahezu ständig neue Informationen verarbeitet werden, findet dieser Anpassungsprozess permanent statt. Dabei gibt es – so die Annahme der Chartanalyse – nicht selten sich wiederholende Ereignisse, die jedesmal zu ähnlichen Kursreaktionen führen. Technische Analysten versuchen daher gezielt, solche typischen Kursverläufe und Kursmuster zu erkennen und daraus Aussagen über die weitere Entwicklung abzuleiten. Ziel ist es, systematisch günstige Ein- und Ausstiegszeitpunkte für den Handel zu identifizieren und dadurch Gewinne zu realisieren.

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Das Chart – die entscheidende Grundlage

Essentielle Grundlage der technischen Analyse ist das Chart. Es bildet die Kursentwicklung in Form eines Diagramms ab. Der Kurs wird dabei anhand der vertikalen Y-Achse abgetragen, während die horizontale X-Achse den betrachteten Zeitraum über bestimmte Zeitintervalle wiedergibt. In der Praxis werden verschiedene Formen der grafischen Darstellung verwandt. Die geläufigsten sind

  • das Linien-Chart: hier werden nur die jeweiligen Schlusskurse eines Zeitintervalls erfasst und über eine durchlaufende Linie miteinander verbunden. Kursschwankungen innerhalb eines Zeitintervalls bleiben unberücksichtigt.
  • das Balken-Chart: zeigt die Bandbreite zwischen dem höchsten und niedrigsten Kurs in einem Zeitintervall durch einen senkrechten Strich. Der jeweilige Eröffnungskurs eines Zeitintervalls wird dabei durch einen waagerechten Strich links, der Schlusskurs durch einen waagrechten Strich rechts markiert.
  • das Candlestick- oder Kerzen-Chart: ist noch etwas differenzierter als das Balken-Chart. Hier wird die Differenz zwischen Eröffnungs- und Schlusskurs als farbiges Rechteck (grün: höherer Schluss- als Eröffnungskurs, rot: niedrigerer Schluss- als Eröffnungskurs) dargestellt. Die höchsten und niedrigsten Kurse innerhalb eines Zeitintervalls – außerhalb der Rechtecks – werden wie beim Balken-Chart über senkrechte Striche erfasst. Dadurch erinnert das Candlestick-Chart an eine Kerze mit Docht.

Trends und Signale erkennen

Ein wichtiger Bestandteil der technischen Analyse ist das Erkennen von Trends und Trendwenden. Trends sind Phasen steigender oder sinkender Kurse, die zur Visualisierung über Trendlinien oder Trendkanäle gekennzeichnet werden. Kursverläufe ohne klaren Auf- oder Abwärtstrend werden als Seitwärtsbewegung bezeichnet. Trends können über längere Zeiträume stabil sein, es ist aber ebenso möglich, dass innerhalb einer längerfristigen Trendbewegung auch mehr oder weniger kurzfristige gegenläufige Trends vorkommen.

Weitere häufige Kursmuster sind:

  • Gaps: Kurssprünge zwischen zwei aufeinander folgenden Zeitintervallen;
  • Spikes: aus dem Kursverlauf hervorstechende Kursausschläge nach oben oder unten, die – insbesondere bei hohen Handelsvolumina – oft als Trendumkehrsignal gedeutet werden;
  • Dreiecke: gegenläufige Kursbewegungen innerhalb eines Trends mit abnehmender Intensität. Sie stehen für das vorübergehende Pausieren eines Trends, ehe die alte Richtung wieder aufgenommen wird. Man unterscheidet steigende, fallende und symmetrische Dreiecke.
  • Flaggen und Wimpel: kurzfristige, gering ausschlagende Gegenbewegungen innerhalb eines Trends, ehe die Trendfortsetzung folgt.
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Neben der reinen Betrachtung der Kursverläufe werden bei der Chartanalyse sogenannte technische Indikatoren verwendet. Dabei handelt es sich um alternative Darstellungen der Kursentwicklung unter Zuhilfenahme mathematisch-statistischer Kennzahlen, um die Beurteilung des Kursverlaufs und die Identifizierung geeigneter Ein- und Ausstiegszeitpunkte zu unterstützen. Eine der simpelsten und verbreitetsten technischen Indikatoren ist der gleitende Durchschnitt, der den Mittelwert der Kurse über einen bestimmten Zeitraum anzeigt. Eine ebenfalls gerne genutzte Weiterentwicklung ist der MACD, der nicht nur Trendstärken, sondern auch Wendepunkte identifiziert. Daneben gibt es eine Vielzahl weiterer technischer Indikatoren. Trotz aller Verfeinerung – jedes Instrument liefert auch Fehlsignale. Oft werden mehrere Indikatoren in Kombination eingesetzt, um die “Treffsicherheit” zu erhöhen.

Chartanalyse – eine self fulfilling prophecy

Auch nach Jahrzehnten im Praxiseinsatz wird die technische Analyse immer noch kontrovers diskutiert. Die moderne Finanztheorie stellt die Aussagekraft historischer Kursverläufe für künftige Kursprognosen grundsätzlich in Abrede. Die Chartanalyse bringt danach keine besseren Ergebnisse als zufälliges Agieren. Da viele Börsenakteure an die Analyse glauben und entsprechend handeln, spricht allerdings doch einiges für ihre Anwendbarkeit im Sinne einer “self fulfilling prophecy”. Dies gilt vor allem für kurzfristiges, spekulatives Agieren an Börsen.

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