Vom Leitzins-Poker und seinen Folgen für Anleger

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Vom Leitzins-Poker und seinen Folgen für Anleger

Erstmals seit der Finanzkrise erhöhte die amerikanische Notenbank Fed Mitte Dezember nach langer Diskussion und trotz zahlreichen politischen Einwänden den amerikanischen Leitzins von nahezu null auf 0,25 bis 0,5 Prozent. Weltweit Beachtung fand das Prozedere, weil Ökonomen weltweit unterschiedlichste, überwiegend negative, Effekte auf ihre jeweiligen Wirtschaftskreisläufe prognostiziert hatten. Dabei beschränkt sich die Fed nicht auf einen einzelnen Zinsschritt: Die Entscheidung zur Anhebung gilt zugleich als Abschied von der extremen Niedrigzinspolitik, ein Signal an Politik und Wirtschaft dass es nun an der Zeit ist, zur finanzpolitischen Normalität zurückzukehren. Was aber heißt das für Anleger und Kreditnehmer? Und mit welchen Entwicklungen ist in der Zukunft zu rechnen?

Gute Wirtschafts- und Arbeitsmarktzahlen waren es, die schließlich den Ausschlag für die Entscheidung pro Leitzinsanhebung gaben. Dem von einigen Experten lang ersehnten Zinsschritt könnte schon bald der nächste folgen – zumindest wenn man Fed-Mitglied Dennis Lockhart Glauben schenken darf. Der nämlich erzählte einem regionalen Radiosender, dass weitere Zinsschritte etwa bei jedem zweiten Treffen der Fed folgen könnten. Stimmt das, wäre mit der nächsten Leitzinsanhebung im März 2016 zu rechnen. Ende 2016 könnte der Leitzins bereits bei rund 1,375 Prozent liegen, berichtet das Handelsblatt, und bezieht sich dabei insbesondere auf die aktuellen Prognosen der Währungshüter. Diese Entwicklung setzt die Europäische Zentralbank unter Handlungszwang: Während die Fed die Zügel nun strafft, setzt die EZB derzeit noch auf expansive Geldpolitik zur Stützung des Wirtschaftswachstums im Euroraum. Eine derart gegensätzliche Linie der beiden größten Zentralbanken der Welt ist auf Dauer nur sehr schlecht vereinbar. Im Klartext: Es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch in Europa der Leitzins und damit verbunden das allgemeine Zinsniveau wieder steigt. Finanzmarktexperten rechnen frühestens im Frühjahr 2017 mit entsprechenden Schritten der EZB.

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Folgen für Zinsanlagen

Der aktuelle Zinsschritt der Fed hat auf Zinsanlagen hierzulande zunächst einmal keine direkte Wirkung. Er fordert jedoch auch die EZB zum Handeln auf und macht Leitzinsanhebungen im Euroraum wahrscheinlicher. Da sich Einlagenzinsen traditionell am Niveau des Leitzinses orientieren, würde dieser Schritt das Ende der Mickerzinsen einläuten. Allerdings nicht umgehend und schon gar nicht in Form großer Zinssprünge. Schon in der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass Leitzinssenkungen in vergleichsweise kurzer Zeit an Kunden mit Tagesgeldkonto, Festgeldkonto oder Sparbrief weitergegeben wurden – im Fall von Erhöhungen dürften sich die Geldinstitute etwas mehr Zeit lassen.

Folgen für Kredite

Auch Kreditnehmer dürften die Fed-Leitzinserhöhung nicht direkt zu spüren bekommen, da sich das Zinsniveau von Verbraucher- und Baukrediten am europäischen Zinsniveau und dem hiesigen Leitzins orientiert. Reagiert die EZB auf die Kurswende der USA mit eigenen Leitzinsanhebungen, könnte sich das jedoch sehr wohl in höheren Kreditzinsen niederschlagen. Der Effekt würde allerdings erst mittelfristig auftreten und Kredite in relativ geringem Maße verteuern. Kreditnehmer, ob mit Verbraucherkredit oder Baukredit, profitieren also vermutlich noch für längere Zeit vom sehr niedrigen Zinsniveau und können sich in den kommenden Jahren ihre Träume finanzieren. Sinnvoll ist in jedem Fall eine Zinsfestschreibung für die Dauer der Laufzeit für den Fall, dass sich das Zinsniveau währenddessen erhöht.

Folgen für Unternehmen

Unternehmen weltweit sind die ersten, die die Folgen der US-Leitzinserhöhung zu spüren bekommen könnten. Produkte wie Rohöl, die in Dollar gehandelt werden, verteuern sich mutmaßlich – ebenso Produkte aus den USA, da die Wahrscheinlichkeit für eine Aufwertung des Dollars relativ hoch liegt. Zugleich könnte die Nachfrage nach den nun günstigeren Gütern aus Europa steigen, was die europäische Exportwirtschaft ankurbeln würde. Stellt sich nur die Frage nach möglichen Abnehmern: Da die Staatsschulden zahlreicher Schwellenländer sowie die Verschuldung vieler Unternehmen auf Dollar lauten, könnten sowohl Unternehmen als auch Staaten mit einem aufwertenden Dollar in Zahlungsschwierigkeiten geraten, was sich direkt auf ihre Geschäftstätigkeit auswirken würde. Unterm Strich bedeutet das: Europäische Unternehmen benötigen mittelfristig neue Abnehmer für ihre Produkte, während Firmen in Asien oder Südamerika in finanzielle Schieflage geraten könnten. Diese Entwicklung spiegelt sich direkt in Aktienwerten wider – und betrifft damit auch Kleinanleger, die einen Teil ihres Vermögens in Wertpapiere investiert haben.

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