Das Spiel mit den Schulden Teil II

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Das Spiel mit den Schulden Teil II

Neue Seidenstraße: Das Spiel mit den Schulden, Teil II

Im ersten Teil unseres Beitrags haben wir uns mit den massiven chinesischen Investitionen beschäftigt, die China im Zuge seines Projekts “Neue Seidenstraße” in allen Ländern der Welt tätigt, ganz allgemein mit der Macht der Gläubiger und mit den Konditionen chinesischer Investments. In diesem Teil wollen wir uns ansehen, wie sinnvoll eine solche Investment-Strategie insgesamt sein kann, welche Risiken sie birgt – und wie die Situation für China aussieht. Das übersehen wir ja sehr oft, da wir grundsätzlich alles immer nur aus westlicher Perspektive sehen.

Kredite als Anreiz für wirtschaftliche Entwicklung

Wie wir schon im letzten Beitrag kurz angerissen haben, steckt hinter den recht strengen chinesischen Kreditkonditionen wohl durchaus ein Kalkül. Es ist in gewisser Weise auch ein Anreiz-System – etwas, das unserer Denkweise im Westen vielleicht nicht ganz entspricht.

Wir sehen uns selbst als reiche Länder und die anderen als “arm” – und damit unterlegen. In unserem Wertekanon müssen wir anderen, Ärmeren, deshalb “helfen” – was zur Folge hat, dass wir sie mit billigem Geld überschwemmen und mit Spenden und damit, ihnen Sachen zu schenken. Das wertet sie allerdings auch ab.

Natürlich sind wir grundsätzlich auch daran interessiert, diese Länder wirtschaftlich zu stärken, um uns Absatzmärkte zu erschließen. Das tun wir allerdings nur am Rande.

Es verhält sich im Grunde wie bei der Kindererziehung: Wer Kinder nicht ab und an fordert, fördert sie auch nicht. Um sich zu entwickeln, muss man sich anstrengen. Manchmal ist das schwierig, und manchmal eine Herausforderung. Nur so wird man aber irgendwann leistungsfähig – als Mensch genauso wie als Staat. Wer nie fordert, sondern immer nur fördert und unterstützt, der wird nicht viel Ergebnis erzielen können – und vor allem nicht die Selbstverantwortung und den Leistungswillen stärken können.

Wer immer nur fördert, aber nie fordert, erzeugt bei niemandem Selbstverantwortung – weder bei Kindern noch bei Staaten. Man kann nur wachsen, wenn man sich entwickelt und man kann sich nur entwickeln, wenn man den Druck dazu spürt, sich entwickeln zu müssen. Verhätschelte Kinder, die alles haben und bekommen, tun sich später schwer, Leistung zu bringen. Kinder, die um manches kämpfen müssen, leisten später oft Beachtliches – selbst unter widrigsten Bedingungen.

China geht in diesem Punkt einen anderen Weg: es betrachtet andere Staaten grundsätzlich nicht aus der abwertenden, westlichen Perspektive als unterlegenes “armes, schwaches” Land – sondern als gleichwertige Partner auf Augenhöhe. Partner, denen es eine Chance gibt mit seinen Krediten. Aber von denen es auch verlangt, sich zu entwickeln, die Chance wirklich zu nutzen. Es sieht bei allen Ländern ein individuelles Potenzial, das jedes Land für sich nutzen kann – es kommt am Ende immer nur darauf an, was man aus seinem eigenen Potenzial an Menschen, Rohstoffen und geographischer Lage eben macht. Das ist eigentlich eine sehr ausgeglichene, sehr faire und sehr demokratische Sicht der Dinge.

China mag das vielleicht leichter fallen als uns. Wir sind schon zu lange reich und überlegen, während China bis vor wenigen Jahrzehnten sicherlich auch noch als eine Art Entwicklungsland gelten konnte. China war enorm arm, hat sich als Billigstproduzent für westliche Länder mühsam nach oben gekämpft – und China verlangt auch heute noch von seinen Kindern echten Einsatz und wirkliche Anstrengung, um etwas zu erreichen und etwas zu leisten. Niemand wird verwöhnt – alle sollen Leistung bringen und sich wirklich anstrengen.

Dünkel gegenüber ärmeren Ländern und ein Gefühl der “Überlegenheit” aufgrund von Reichtum und besseren Lebensbedingungen steht China angesichts der eigenen Geschichte auch nicht gut zu Gesicht. Es ist vielleicht noch ein wenig “näher dran” an den Entwicklungsländern und den Schwellenländern, versteht besser als wir, was diese Länder tatsächlich brauchen. Es gibt ihnen eine Chance durch Investitionen, lässt sie aber auch klar den Druck spüren, dass sie diese Chance nutzen müssen, um weiterzukommen. Entwicklungstechnisch ist das vielleicht der besser funktionierende Ansatz. Er ist zumindest sehr überlegt.

Sieht man sich unseren Ansatz – vor allem in Afrika – an, kann man ihn nach Jahrzehnten durchaus als in weiten Teilen gescheitert betrachten. Es wäre also einmal an der Zeit, darüber nachzudenken, anstatt China gleich zu verteufeln und Chinas Entwicklungspolitik sofort für “asozial” zu erklären.

Macht es Sinn, ärmeren, überschuldeten Ländern Kredite aufzudrängen?

Das ist natürlich eine Frage, die man nicht einfach so pauschal beantworten kann. Die Situation jedes Landes ist anders und auch das Potenzial einzelner Länder unterscheidet sich im Einzelfall sehr stark.

Für von vornherein hoch verschuldete Staaten ist es natürlich fatal, wenn sie noch zusätzliche Kredite aufnehmen, zu vergleichsweise teuren Bedingungen und ohne die notwendige Wirtschaftsleistung zum Bedienen der Kredite endlich zu erbringen. Ein solcher Weg wird sehenden Auges in den Abgrund führen.

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Wie immer stellt sich allerdings auch hier die Frage nach der Verantwortlichkeit. Von “Aufdrängen” kann bei den Krediten keine Rede sein – jede fest installierte Regierung in einem Land hat sehr wohl die Entscheidungshoheit darüber, welche Mengen an Krediten es akzeptiert – und welche nicht mehr. Es ist allerdings das klassische Schuldnerproblem: Keine richtige Übersicht über die Finanzen, eine Überschätzung der eigenen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und natürlich ist es schön, eine Menge Geld zu bekommen. Diese Faktoren bringen schon die meisten überschuldeten Privatpersonen zu Fall – bei Staaten ist es nicht anders, nur eben in größerem Maßstab.

Wie man einem Schuldner raten könnte, sich einen Nebenjob zu suchen und damit seine Schulden zu reduzieren und nicht in die Überschuldung zu rutschen (=Erhöhung der tatsächlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit), genauso kann man eben Staaten raten, die eigene Wirtschaft anzukurbeln und leistungsfähiger zu werden. Es ist der einzig sinnvolle Weg aus einer Überschuldung. Natürlich ist das im Falle eines Staates aber gar nicht so einfach: Die eigene Wirtschaft anzukurbeln ist ein komplexes und vielschichtiges Unterfangen. Es braucht Infrastruktur, es braucht Absatzmärkte und es braucht einen konsequenten Leistungswillen und den Willen, etwas nachhaltig in kleinen Schritten und ständig zu verbessern. Dieser Wille ist bei vielen “armen” Ländern einfach nicht erkennbar. Das Problem ist dabei allerdings weniger ein wirtschaftliches, als eigentlich ein Führungsproblem. Wenn die Führung das nicht schafft, leiden am Ende die Menschen.

Für Chinesen ist es scheinbar nicht vorstellbar, dass man nichts leistet, wenn man eigentlich etwas leisten könnte. Die Bequemlichkeit und Lethargie, diese “ich tu erst mal gar nichts und komm schon irgendwie durch”-Einstellung scheint für das chinesische Denken nur schwer begreifbar zu sein – es liegt der chinesischen Sicht der Dinge ferner als alles andere. Es ist die Einstellung eines Staates, der immer leisten musste, um zu überleben – und der auch leisten wollte.

In den armen Ländern tun das zu einem Teil nur die ärmsten Schichten der Bevölkerung – sie geben oft Leben und Gesundheit und investieren jeden Tag Schwerstarbeit, nur um überhaupt überleben zu können. Sie schicken schon die Kinder jeden Tag zur Arbeit anstatt zu Schule und viele Zehnjährige sind in solchen Ländern oft reifer und verantwortungsbewusster als viele 50-Jährige hierzulande. Für das jeweilige Land bewirkt dieser heldenhafte Einsatz allerdings in Summe nichts – weil das Potenzial nicht in die richtigen Bahnen gelenkt wird und keine Strukturen vorhanden sind, die das Potenzial zum Wohle des gesamten Staates nutzbar machen würden. Wiederum ein Führungsproblem also – keines mit der Leistungsfähigkeit. Leistung wird erbracht, oft sogar sehr viel Leistung – von den ärmeren Schichten dieser Länder. Das Potenzial ist also da – es bewirkt nur nichts.

Zieht man das in Betracht und nimmt die oft in hohen Mengen vorhandener Bodenschätze in vielen Entwicklungsländern dazu, kommt man möglicherweise zu einer ganz anderen Einschätzung von Potenzialen bei einzelnen Staaten. Die würde dann auch entsprechende Investitionen rechtfertigen.

Es wird angemahnt, dass etwa Kenia mit rund 70 % seines BIP bei China verschuldet ist. Das liegt aber nicht daran, dass die chinesischen Investitionen so hoch wären, sondern daran, dass das BIP so niedrig ist. Natürlich ist das Potenzial für ein deutlich höheres BIP, für solide Handelsüberschüsse und für eine enorme Arbeitsleistung vorhanden – es wird nur nicht genutzt. Die Frage ist, ob man auf Schwächlichkeiten und Führungsprobleme immer Rücksicht nehmen muss – oder ob man nicht auch einmal einen Anreiz dazu setzt, diese Probleme endlich zu lösen und in den Griff zu bekommen – was man über viele Jahrzehnte hinweg nicht getan hat. Die Reichen wurden immer reicher, die Armen haben irgendwie überlebt – also alles gut? Nein, ist es nicht. Nicht aus chinesischer Sicht, nicht für die Welt, nicht für die Menschen – und auch nicht aus unserer Sichtweise, wenn wir einmal ehrlich sind.

Chinas HighTech Plan

China hat sich in den letzten Jahren gewandelt – und will das in Zukunft auch noch verstärkt tun – von einem Billiglohn-Produzenten zu einem HighTech Land. Man blickt in die Zukunft, reduziert die Förderungen für batterie-elektrische Autos und erhöht die Förderungen für wasserstoffgetriebene Fahrzeuge, die einen wesentlich sinnvolleren Weg in die Zukunft darstellen. China will Fortschritt – und es will der Motor dieses Fortschritts sein, der Hersteller von Technologie der Zukunft.

Das ist legitim und das ist ein hehres Ziel – wenn wir im Westen einfach nicht mehr genügend Fortschritt produzieren, werden wir eben überholt – trotz des gesamten Geldes und des Wohlstands einer gut ernährten Bevölkerung. Wir leisten zu wenig, wir verstricken uns in unsinnige bürokratische Gefechte, betreiben Haarspaltereien und machen uns über sinnlose und nutzlose Kleinst-Regelungen Gedanken. Aber wir bekommen nichts mehr voran, unsere Fortschrittsbilanz ist deutlich angeschlagen.

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Die Menschen im Land wollen alles, nur keine Veränderung. Das kleinste bisschen Anstrengung ist bereits zu viel und sich für ein Ziel einfach einmal einsetzen zu müssen und Arbeit zu investieren, davon kann man hierzulande wirklich niemanden mehr überzeugen. Das beste Beispiel ist der Klimawandel. Wir träumen von bequemen Flugtaxis, von automatisierten HighTech-Wohnungen für alle – aber wenn es darum geht, uns nur ein klein wenig einzuschränken, weil Veränderung unabdingbar ist, heißt es, die Industrie soll doch zusehen, dass sie CO2-neutrale Produkte produziert, einen Ersatz für Plastik findet, der genauso aussieht und unser Essen gefälligst gesund und ökologisch produzieren, natürlich in der gleichen Menge und Verfügbarkeit, vielleicht mit noch etwas mehr Auswahl, wenn es geht.

Sieht man sich die konkreten Ergebnisse an, bewegen sich diese gegen Null, oder eher noch in Richtung -20. Es wird nicht besser, es wird nur schlimmer und wir streiten hilflos über völlig nebensächliche Details. Wir leisten nichts. Gar nichts. Wir haben das größte Potenzial und das meiste Geld, um die Welt mit neuen Wegen komplett und nachhaltig zu verändern, zu verbessern – aber die Bilanz unserer tatsächlichen Leistung ist weniger als Null. Mehr Gesetze, mehr Kriege, mehr Konflikte, mehr Uneinigkeit, eine größere Schere zwischen Arm und Reich – und deutlich weniger Umweltschutz. Es sind Ergebnisse, die zählen.

Unsere Leistungsfähigkeit ist angeschlagen – und wenn wir das nicht ändern, werden uns andere natürlich überholen, auch wirtschaftlich. Das sind ganz einfach die Gesetze des Marktes, die wir ja auch selbst hochhalten als unantastbares Credo unserer westlichen Welt.

Niemand hindert uns daran, ebenfalls zu investieren, in großem Maßstab.  Hierzulande suchen Anleger ohnehin händeringend nach profitablen Anlagemöglichkeiten. Wenn wir es schaffen, so zu investieren, dass am Ende auch konkrete und messbare Veränderungen des Lebensstandards in Schwellenländern stehen, dass wir die Situation verbessern und helfen, Strukturwandel zu vollziehen, dann sind wir gegenüber den Chinesen nicht im Nachteil und werden nicht überholt.

Wenn wir uns dagegen die Köpfe einschlagen über der Frage, wie man Bürgern am besten die meisten Steuern aus selbst angebrachten Solarzellen herauspresst, um das Geld am Ende in völlig sinnlosen und giergetriebenen Mautprojekten zu verheizen, werden wir nichts erreichen – und irgendwann einmal unterliegen. Es sind Ergebnisse die zählen. Echte, messbare Ergebnisse. Daran wird unsere Leistungsfähigkeit gemessen.

Und wie die meisten Schwellenländer haben auch wir ein sehr hohes Potenzial – aber Führungsprobleme, die verhindern, dass wir sie irgendwie sinnvoll für Ergebnisse nutzen. Das müssen wir ändern – dann brauchen wir uns auch nicht vor China zu fürchten – oder das Land und seinen Weg mit übler Propaganda bekämpfen.

Fangen wir erst einmal bei uns selbst an.

Wo liegen die Risiken für China?

Chinas Ansatz der Hilfe bei gleichzeitigem Fordern von wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit macht also durchaus Sinn, jedenfalls psychologisch betrachtet. Wenn alle 120 Länder, die sich derzeit am Projekt Neue Seidenstraße beteiligen, ihr Potenzial wirklich nutzen und sich entwickeln, stehen wir einem weltweiten Handelsraum gegenüber, der um ein Vielfaches leistungsfähiger ist als der heutige.

Es liegt ein enormes Potenzial an Fortschritt, an Handel aber auch an Völkerverständigung und gleichberechtigter Zusammenarbeit vor uns. Eines, das wir auch wirtschaftlich noch gar nicht ermessen können, weil seine Größe beinahe unglaublich ist. Kombiniert man das mit ökologisch verträglicher Technologie und ökologisch sinnvollen Standards weltweit, haben wir den Planeten damit wahrscheinlich einer Veränderung unterworfen, die in der Größenordnung des Übergangs von der Altsteinzeit in die klassischen Hochkulturen liegt.

Das in etwa dürfte auch Chinas Vision bei dem Projekt sein – es ist nicht für ein oder zwei Generationen angelegt, sondern als ein Weg in eine ferne, sehr viel bessere Zukunft.

Natürlich bergen die chinesischen Pläne auch Risiken für China selbst. Gegen die fehlende Rückzahlung von Krediten haben sich die Chinesen gut abgesichert – entweder ein Land erkennt sein Potenzial, startet Veränderungen und nutzt sein Potenzial selbst – oder China gehört andernfalls eben ein weiterer profitabler Hafen außerhalb des eigenen Landes oder eine beträchtliche Menge an zusätzlichen Erdöleinnahmen, wie im Fall von Venezuela.

Insofern scheint das ein unfehlbarer Plan zu sein. Das Risiko für die chinesischen Investments ist gering, da in jedem Fall ein Vorteil für China entsteht, ob Staaten die von China gebotene Chance nun nutzen oder nicht. Tatsächlich gibt es aber durchaus Unwägbarkeiten.

Eine wichtige Sache ist dabei der menschliche Faktor – sieht man sich die Kontroversen, die Propaganda und die Ängste an, die der chinesische Plan schon heute erzeugt, kann das durchaus ein massives Hindernis bei der Umsetzung bedeuten. Zwar lassen sich immer mehr – auch europäische – Staaten vom chinesischen Plan überzeugen und beteiligen sich sogar, wie jüngst Italien – das Problem sind aber vor allem die reichen und bislang die Weltwirtschaft dominierenden Staaten der westlichen Welt. Sie werden ihre Vorherrschaft nicht so einfach und ohne Gegenwehr abgeben. Das beste Beispiel dafür sind gerade die USA, die mit aller Macht versuchen, eine völlig egoistische und auf die eigene Vorherrschaft in der Welt zentrierte Politik durchzudrücken und dabei der Weltwirtschaft insgesamt unglaublichen Schaden zufügen. Der Schutz des Klimas – uninteressant, daran beteiligen wir uns nicht, das könnte unsere Gewinne verringern. Soziale und ethische Standards in anderen Ländern, die für uns produzieren: Uninteressant, Hauptsache sie kaufen unsere Produkte und produzieren billigst. Qualitätsstandards bei Produkten und Lebensmitteln: niedrigstmöglich, nur so hoch, dass sich das Zeug halt noch verkauft. Was im Vergleich zu anderen Produkten noch fehlt, wird dann eben mit Werbung und Verbraucherbeeinflussung nachkorrigiert. Nachhaltige Wirtschaft und Produktion, Schonung der Ressourcen? Ach was, in 50 Jahren sind wir sowieso tot, bis dorthin wird’s schon reichen.

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Die USA werden also den Teufel tun und China einfach die Vorherrschaft und die (scheinbare) Überlegenheit überlassen. Davon kann man ausgehen. Auch die führenden europäischen Staaten haben keine große Freude an Chinas Plan, das würde den eigenen Einfluss in der Welt ja deutlich verringern. Da wird von Industriespionage gemurmelt – als ob die Chinesen nicht in der Lage wären, HighTech selbst zu erfinden. Schließlich bauen sie alle unsere Handys. Und die Angst vor einer möglichen Zensur des Internets überall auf der Welt nach chinesischen Interessen ist bloße Propaganda – immerhin gehen die Pläne mancher deutscher Regierungsmitglieder auch schon in die Richtung, Kritik an einzelnen Parteien im Internet gleich mal von vornherein verbieten zu wollen. Dafür verbrüdert man sich dann mit Konzernen, die mit ihrem Wirtschaften für eine Menge Umweltzerstörung, Ausbeutung und Gesundheitsschäden bei den Menschen sorgen – und das darf dann natürlich niemand kritisieren.

Wenn man vor einer Zensur des Internets Angst haben müsste, dann wohl eher wegen der Fantasien einzelner Politiker – und nicht wegen eines anderen Landes, das auf das eigene Internet ja gar keine echte Zugriffsmöglichkeit hat.

All die Ressentiments gegenüber China sind dabei durchaus ernst zu nehmen, wenn man sich den Schwall an Propaganda ansieht, der über die Bevölkerungen der westlichen Länder ausgegossen wird. Die Ressentiments sind ernst und bergen unter Umständen sogar das Potenzial für einen neuen Krieg (die Ultima Ratio westlicher Staaten, wenn sie nicht bekommen, was sie wollen – dann wird einfach so lange das Regime ausgetauscht oder das Land bombardiert, bis man hat, was einem genehm ist, wenn Wirtschaftssanktionen nicht mehr so recht funktionieren).

Dieses Risikos sollte sich China durchaus bewusst sein, es besteht. Es gibt einen Konflikt und den kann man nicht einfach vom Tisch wischen. Einen Konflikt um die eingebildete, unabdingbare Vorherrschaft des Westens. Der wird seine Bastionen und Einflussbereiche nicht so einfach kampflos aufgeben – auch der Wohlstand des Westens hängt daran.

Das zweite Risiko, dessen sich China bewusst sein sollte ist, dass der Westen aufwacht – und von China lernt. Lernt, dass man die “armen” Staaten fördern muss, ihnen mit Respekt begegnen und sie nicht nur fördern, sondern auch fordern muss. Dieses Risiko kann man allerdings als denkbar gering einstufen – bei all dem westlichen Dünkel ist das Eingeständnis, etwas grundlegend falsch gemacht zu haben, fast undenkbar. Wir sind Überlegenheit gewöhnt, das ist unsere Grundmaxime, und gerät die ins Wanken, würde unser gesamtes Weltbild zusammenbrechen. Veränderungen in diesem Punkt sind also eher nicht zu erwarten und damit auch keine besonders große Bedrohung für China.

Ansonsten wäre das eine sehr große Gefahr für den gesamten Plan – der Westen hat immerhin noch deutlich mehr Kapazität zu investieren als China je aufbringen könnte. Das Ergebnis solcher massiven Investments zu gleichen Bedingungen wie China würde die gesamte Welt innerhalb weniger Jahre vom Westen komplett abhängig machen – und China wäre abgemeldet. Wie gesagt ist dieses Risiko allerdings sehr gering.

Inwieweit der chinesische Plan aufgehen wird und was er uns bringt, wird uns die Zukunft zeigen. Hoffen wir darauf, dass er uns eine bessere, gerechtere und sozial und ökologisch verträglichere Welt beschert.

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Folge 11 – Der Broker – Ihr Zugang zum Kapitalmarkt

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