Umstrittener Klassiker: Markowitz’ Portfoliotheorie

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Umstrittener Klassiker: Markowitz’ Portfoliotheorie

Die Portfoliostrategie zählt mittlerweile seit Jahrzehnten zum Standardrepertoire von Anlegern und Anlageberatern. Auch viele sicherheitsorientierte Privatanleger, die beim Kauf von Aktien, Fonds, ETFs & Co auf Diskontbroker und eine eigene Auswahl infrage kommender Papiere setzen, wählen diese Strategie in der Hoffnung auf einen stetigen, dauerhaften Wertzuwachs über die gesamte Anlagedauer. Was aber steckt eigentlich hinter der Strategie? Welche Annahmen liegen ihr zugrunde – und wo stößt sie an ihre Grenzen?

Die Portfoliotheorie nach Markowitz

Die Portfoliotheorie des US-Wissenschaftlers Harry M. Markowitz gilt noch heute als einer der wichtigsten Standards bei Anlageentscheidungen. Aus gutem Grund: Die bereits in den 1950ern entwickelte Theorie belegt, dass sich das Risiko einer Geldanlage durch eine breite Streuung spürbar senken lässt – ohne dafür signifikante Einbußen im Hinblick auf die Rendite hinnehmen zu müssen. Im Rahmen seiner Forschung untersuchte Markowitz mit zwei Kollegen, wie sich das optimale Verhältnis von Chancen zu Risiken berechnen lässt. Als einen der wichtigsten Faktoren zur Bestimmung der Gewichtung einzelner Werte im Portfolio identifizierte er dabei die Korrelation. Der Theorie zufolge erweisen sich die Portfolios am renditestärksten und stabilsten, deren Werte sich weder komplett entgegengesetzt noch gleich entwickeln. Anders ausgedrückt: Je weniger die einzelnen Papiere korrelieren, desto geringer das Verlustrisiko und desto stabiler die Entwicklung des gesamten Portfolios.

Für seine bahnbrechende Forschung erhielt Markowitz 1990 gemeinsam mit zwei weiteren Forschern den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften. Noch heute bildet sie die Basis für Anlageentscheidungen sicherheitsorientierter Markteilnehmer – selbst für große Player wie Pensionskassen und Versicherungen.

Grundannahmen der Portfoliotheorie

So populär die Portfoliotheorie auch ist, völlig ohne Grundannahmen und Voraussetzungen ist sie nicht anwendbar. So setzt Markowitz zum Beispiel einen vollkommenen, effizienten Markt und einen rational denkenden und handelnden, auf Nutzenmaximierung bedachten Homo Oeconomicus voraus. Er geht davon aus, dass alle wichtigen Informationen für eine Anlageentscheidung wie beispielsweise Gewinnmeldungen oder Informationen über Ausschüttungen bereits in den Aktienkursen enthalten sind bzw. ohne Verzögerung in den Kursen verarbeitet werden. Darüber hinaus lautet ein Lehrsatz, dass sich die Risiken verschiedener Formen der Geldanlage nicht addieren lassen – die Basis für die Annahme, dass das Risiko eines Papiers durch ein weniger risikoreiches Papier ausgeglichen werden kann. Zum Thema Risiko unterscheidet Markowitz in ein systematisches Risiko, dem grundsätzlich alle Wertpapiere am Markt unterliegen und ein unsystematisches Risiko, das sich durch Diversifikation individuell verringern lässt.

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Kritik an der Portfoliotheorie

In der Praxis wird die Theorie zwar nach wie vor angewendet – völlig frei von Kritik ist sie allerdings nicht. Als eine der größten Fehleinschätzungen bezeichnen Gegner der Portfoliotheorie die Annahme, der Markt sei vollkommen und effizient. Durchaus relevante Faktoren wie politische Entscheidungen sowie Maßnahmen von Notenbanken, die sich in der heutigen Zeit schnell und direkt auf die Märkte auswirken können, finden im Ansatz der Risikostreuung nicht ausreichend Beachtung. Einen besonderen Widerspruch bildet die Annahme, dass sich aus der Vergangenheit grundsätzlich keine verlässlichen Schlüsse für die zukünftige Entwicklung einer Anlage ziehen lassen – gleichzeitig basiert ein Teil der Portfoliostrategie eben auf der Schätzung zukünftiger Renditen. Dabei nicht berücksichtigt werden die Auswirkungen, die das Investment selbst auf ein Papier haben kann.

Als ultimativer Beweis für die Nichtigkeit der Portfoliotheorie ziehen Kritiker gern die Erfolge des Investors Warren Buffet heran. Der nämlich verlässt sich bei seinen Investments gern auf unterbewertete Unternehmen, die es der Grundannahme des effizienten Marktes zufolge gar nicht geben dürfte. Die Theorie gilt dennoch als gesichert und ist nach wie vor Basis zahlreicher Anlageentscheidungen weltweit – und Grundlage für neue Anlagetheorien und Strategien wie dem CAPM.

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